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Nachlass im Todesfall

Digitaler Nachlass – frühzeitig regeln

Ausschnitt einer grauen Tastatur mit einer blauen Taste mit schwarzem Kreuz in der MIttel

E-Mail-Konten, Profile in sozialen Netzwerken, Blogs oder Homepages - wir kommunizieren immer mehr online und hinterlassen dabei digitale Spuren. Hinzu kommen Verträge, welche mit Strom-, Gas-, Versicherungs- oder Telekommunikationsanbietern abgeschlossen und online abgewickelt werden. Wenn nicht eindeutig geregelt, bleiben all diese Inhalte in der digitalen Welt bestehen, auch in einem möglichen Todesfall. Die Regelung des sogenannten "digitalen Nachlasses" sollte daher frühzeitig in Angriff genommen werden.

Wie sieht die rechtliche Lage aus? Hinweise für Erben

Die rechtliche Lage beim digitalen Nachlass ist komplex. Nach den allgemeinen deutschen Rechtsvorschriften gehen Verträge der Verstorbenen grundsätzlich mit allen Rechten und Pflichten auf deren Erben über. So müssen beispielsweise online abgeschlossene und fortbestehende Verträge wie kostenpflichtige Mitgliedschaften weiter bezahlt oder gekündigt werden. Auch Online-Käufe, die von Verstorbenen vor ihrem Tod getätigt wurden, müssen von den Erben bezahlt werden, sofern ein Widerruf nicht möglich ist und der Verkäufer keine anderweitige Lösung akzeptiert. Aus Kulanz oder aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung können Unternehmen bei laufenden Verträgen im Todesfall den Erben ein Sonderkündigungsrecht gewähren. Die Erben können jedoch erst handeln, wenn sie Kenntnis von etwaigen kostenpflichtigen Vertragsverhältnissen haben.

Schwieriger kann es für die Erben werden, wenn sie auf die Inhalte der Online-Konten von Verstorbenen zugreifen möchten. In der Praxis können Erben zwar meist ohne Probleme die Löschung von Konten der verstorbenen Person erreichen. Je nach Anbieter benötigen sie hierzu verschiedene Nachweise und Urkunden, zum Beispiel eine Sterbeurkunde oder einen Erbschein. Sie erhalten in vielen Fällen aber keinen umfassenden Zugang zu den gespeicherten Daten und Kommunikationsinhalten des Verstorbenen, falls dieser zu Lebzeiten nicht ausdrücklich geregelt hat, was im Hinblick auf Bild- und Videomaterial, Kontaktlisten, Nachrichten usw. im Todesfall geschehen soll. Die Anbieter berufen sich in solchen Fällen oftmals auf das sogenannte postmortale Persönlichkeitsrecht, welches besagt, dass die oder der Verstorbene noch Rechte über den Tod hinaus hat und nicht herabgewürdigt oder bloßgestellt werden darf. Hinzu kommt, dass über die Online-Konten oft auch mit Dritten kommuniziert wurde – auch deren Daten sind grundsätzlich geschützt. Darüber hinaus sind Betreiber von vielen Internetdiensten nicht in Deutschland ansässig und berufen sich deshalb auf EU-, bzw. ausländisches Recht. Dies kann im Einzelfall weitere Fragen und Probleme aufwerfen.

Etwas Licht ins Dunkel hat das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zum digitalen Nachlass in dem sogenannten „Facebook-Fall“ gebracht: Der BGH stellte am 12. Juli 2018 klar, dass die Erben beim digitalen Nachlass genauso in die Rechtsposition des Verstorbenen nachrücken wie beim analogen Nachlass. In dem konkreten Fall ging es um die Frage, ob die Erben ein Zugriffsrecht auf die Nachrichten, die die Verstorbene geschrieben beziehungsweise erhalten hatte, haben. Nach dem BGH bestand zwischen der Verstorbenen und der Plattform ein Nutzungsvertrag, in den die Eltern als Erben nachgefolgt sind. Die auf dem Server gespeicherten Nachrichten müssen den Erben wie der Verstorbenen zu Lebzeiten daher zugänglich gemacht werden.

"Digitales Testament"

Verbraucherinnen und Verbraucher sollten sich schon zu Lebzeiten Gedanken über ihren digitalen Nachlass machen. Hierbei ist zu klären, was nach dem Tod mit den eigenen Daten und Online-Konten passieren und wer sich um diese kümmern soll. Konten und Profile können in sozialen Netzwerken zum Beispiel in einen Gedenkzustand verwandelt werden, so dass die oder der Verstorbene im Netz „weiterlebt“. Alternativ können die Konten und Profile ganz gelöscht oder von Hinterbliebenen weitergenutzt werden.

Wie kann ich den digitalen Nachlass einfach regeln? Wertvolle Tipps

Experten raten, eine Liste über die eigenen Online-Konten zu erstellen. Denn ohne eine solche Liste ist den Erben oft nicht bekannt, welche Dienste der Verstorbene genutzt hat. Zentral sind hier Email-Konten, weil dort häufig Nachrichten anderer Diensteanbieter auflaufen. Es wird empfohlen, eine Liste mit bestehenden Konten, Benutzernamen und Passwörtern anzulegen, welche dann verschlossen in einem Umschlag oder auf einem USB-Stick aufbewahrt werden. Dieser kann dann in einem Tresor, Bankschließfach oder der Kanzlei eines Anwalts hinterlegt werden. Dabei ist wichtig, die Liste auf dem aktuellsten Stand zu halten und diese gegebenenfalls zu aktualisieren und zu ergänzen.

Eine andere Möglichkeit ist es, einen sogenannten Passwortmanager zu nutzen. Dabei handelt es sich um Programme oder Online-Dienste, in denen sich Passwörter verschlüsselt abspeichern lassen. Der Passwortmanager wird mit einem Hauptpasswort (Masterpasswort) geschützt. Wer sich für diese Variante entscheidet, braucht den Hinterbliebenen lediglich ein Hauptpasswort zu geben, mit dem auf die gespeicherten Passwörter zugegriffen werden kann. Passwörter können auch auf einem verschlüsselten USB-Stick gespeichert werden, der anschließend sicher verwahrt wird.

Eine weitere Option ist es, eine vertrauenswürdige Person mit einer Vollmacht zu bestimmen, die zur Regelung des digitalen Nachlasses des Verstorbenen bevollmächtigt wird. Eine solche Vollmacht muss handschriftlich verfasst und mit Datum und Unterschrift versehen werden. Der Vorteil einer solchen Vollmacht besteht darin, dass der digitale Nachlassverwalter unabhängig vom Willen der Erben und noch vor Ermittlung der Erben, tätig werden kann. Der Beauftragte weiß, wo sich die Liste mit bestehenden Konten, Benutzernamen und Passwörtern befindet oder er erhält das Passwort zum Beispiel für einen gesicherten USB-Stick, von dem er weiß, wo dieser aufbewahrt wird. Die bevollmächtigte Person sollte deshalb mit Bedacht ausgewählt werden und vertrauenswürdig sein. In der Vollmacht kann zudem detailliert geregelt werden, was mit den Daten im Einzelnen geschehen soll. Dabei sollte genau festgelegt sein, welche Daten und Konten gelöscht werden und welche Daten vor Angehörigen geheim gehalten werden sollen, wie mit den Konten in sozialen Netzwerken umgegangen werden und was mit den im Netz vorhandenen Bildern passieren soll. Darüber hinaus empfiehlt es sich, in der Vollmacht die vorhandenen Endgeräte und die Daten zu benennen und auch den Umgang mit diesen zu regeln.

Wie gehen einzelne Anbieter damit um?

Noch ist der Umgang von Online-Anbietern mit Konten und Daten von verstorbenen Kunden sehr uneinheitlich.

Während beispielsweise bei einigen Mailanbietern die Erben nach Vorlage eines Erbscheins auf das Postfach zugreifen, es aufrechterhalten oder löschen können, geben andere Mailanbieter die Zugangsdaten nicht an Erben heraus. In Folge des BGH-Urteils zum digitalen Nachlass vom 12. Juli 2018 wird sich dies voraussichtlich ändern. Einige Online-Anbieter, wie beispielsweise Google und Facebook, bieten ihren Nutzerinnen und Nutzern inzwischen Möglichkeiten, den Umgang mit ihren Konten in den jeweiligen Konto-Einstellungen zu regeln.

Bei Google ist dies durch Einstellungen im Kontoinaktivität-Manager möglich. Hier können Nutzerinnen und Nutzer festlegen, was im Falle eines längeren Brachliegens des Accounts mit diesem passieren soll. Beispielsweise können die Daten von Google automatisch gelöscht werden, wenn sich die Nutzerin oder der Nutzer sechs Monate lang nicht eingeloggt hat. Es kann auch festgelegt werden, dass Google die Login-Daten nach diesem Zeitraum automatisch an eine vorab benannte Person übermittelt. Daneben besteht auch die Möglichkeit, sich von Google zunächst per SMS dazu auffordern zu lassen, sich wieder einzuwählen, bevor das Unternehmen aktiv wird und die Daten löscht oder an die vorab benannte Person weitergibt.

Facebook bietet seinen Nutzern ebenfalls die Optionen, dass das Profil nach dem Tod entweder gelöscht oder deaktiviert wird, oder dass eine vorab bestimmte Ansprechperson (Nachlasskontakt) Zugriff auf die Daten erhält. Diese hat nach dem Tod der Nutzerin oder des Nutzers die Möglichkeit, eine Kopie der auf Facebook geteilten Inhalte herunterzuladen. Dazu gehören Beiträge, Fotos, Videos und Informationen des „Info“-Abschnitts des Profils. Nachrichten waren davon jedoch bisher ausgeschlossen. Aufgrund des BGH-Urteils zum digitalen Nachlass vom 12. Juli 2018 muss Facebook hier Anpassungen vornehmen. Bei einer Deaktivierung des Kontos wird das Profil zwar vorübergehend gesperrt sowie Name und Foto von den meisten Dingen, die der Verstorbene auf Facebook geteilt hat, entfernt. Einige Informationen sind eventuell weiterhin für andere Personen sichtbar, beispielsweise der Name des Verstorbenen in der Freundesliste einer anderen Person und Nachrichten, die der Verstorbene mit seinen Freunden ausgetauscht hat. Ein deaktiviertes Konto kann mit den dazugehörigen Zugangsdaten jederzeit wieder aktiviert werden. Das Facebook-Profil wird dann vollständig wiederhergestellt. Wird das Konto gelöscht, werden Inhalte und Profil dauerhaft gelöscht und können danach nicht wieder hergestellt werden.

Wenn nichts geregelt wird

Wenn zu Lebzeiten wenig oder nichts geregelt wird, dann sind nach dem Tod oft IT-Expertinnen oder Experten gefragt, die die Online-Konten kostenpflichtig aufspüren müssen. Es gibt Dienstleister, die anhand des Namens, der E-Mailadresse und des Geburtsdatums der verstorbenen Person Anfragen nach vorhandenen Kundenkonten und Profilen bei verschiedenen Online-Diensten stellen. Jedoch ist die Sicherheit der Daten bei solchen Unternehmen schwer einzuschätzen, weshalb Experten davon abraten. Außerdem werden die Daten von solchen Dienstleistern in der Regel in einer Cloud hinterlegt sowie die Nutzernamen und Passwörter gemeinsam verwahrt, was sie zu einem attraktiven Ziel für Hacker-Angriffe macht.

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